Von Caroline Keller, Mittelbayerische Zeitung
Das vergangene Jahr 2024 sei für die Firma ein hartes Jahr gewesen. So drückt es Andreas Insinger jun., der wie schon seine Großeltern und sein Vater aus Regensburg stammt, im Gespräch mit der Mittelbayerischen aus. Anka-Draht stellt Kupferdrähte und Kupferlitzen für die Automobilindustrie sowie für den Maschinenbau her. Beide Branchen sind von der Wirtschaftskrise stark betroffen, was sich auch auf Zulieferer wie Anka-Draht auswirkt. „Wir sind im Januar in die Kurzarbeit mit einem Tag pro Woche gegangen“, informiert der 29-Jährige. Diese laufe nun nach zwölf Monaten aus. In der Übergangszeit von drei Monaten müsse man sich laut dem Firmenchef mit Stundenreduzierungen über die Zeit helfen. Sollte sich nicht gravierend etwas ändern, würde man auch wieder in Kurzarbeit gehen müssen. Jedoch könne sich Insinger auf seine Belegschaft verlassen. Sie ziehe mit ihm an einem Strang und erkenne, dass es momentan nicht anders gehe.
Sehr große Fußstapfen
Überhaupt liegen dem Geschäftsführer seine Mitarbeiter am Herzen. „Ich bin unfassbar stolz auf meine Belegschaft, auf die Loyalität, auf die Unterstützung, die mir entgegen gebracht wurde“, zeigt sich der 29-Jährige dankbar. Er sei quasi nach dem Ableben seines Vaters von heute auf morgen nicht für die Firma da gewesen. Denn die privaten Angelegenheiten hätten zuerst geregelt werden müssen. „Es ist für mich nicht selbstverständlich, dass eine Firma mit 200 Mitarbeitern und die Schwesterfirma KF-Insinger in Luhe-Wildenau mit knapp 20 Mitarbeitern, drei bis vier Wochen ohne Probleme das ganze Schiff auf Kurs gehalten hat“, erinnert sich Insinger an die schwere Zeit zurück.
Was er seinen Mitarbeitern ebenfalls hoch anrechnet: Nahezu die volle Belegschaft war auf Eigeninitiative auf der Beerdigung des Vaters erschienen. Für ihn spiegle das die Zugehörigkeit und das Zugehörigkeitsgefühl seiner Mannschaft wider.
Das Vertrauen der Belegschaft konnte sich Insinger über die Jahre erarbeiten. So sei der Umstieg, die Firma zu übernehmen, für ihn nicht allzu schwer gewesen: „Ich hab das Glück, dass ich seit 2017 in der Firma bin und seit 2021 Teil der Geschäftsleitung.“ Sein Vater habe ihm über die Jahre von sich aus Verantwortung und Aufgaben abgegeben. „An meinem Tagesgeschäft hat sich mit seinem Ableben nichts mehr verändert“, erklärt der 29-Jährige. Am 1. August 2023, zum Firmenjubiläum, hatte Andreas Insinger sen. seinem Sohn die Geschäftsleitung komplett abgegeben und sich aus der Verantwortung und dem operativen Geschäft zurückgezogen. „Das hätte er nicht getan, wenn er nicht der Meinung gewesen wäre, dass das funktioniert“, ist sich der Regensburger sicher.
Eine Mammutaufgabe, die ihm nicht schwer fällt
Dennoch sind es sehr große Fußstapfen, die er von seinem Vater einnehmen musste. „Vielleicht ist das sogar noch untertrieben“, sagt der 29-Jährige. Es sei in der heutigen Zeit unüblich, so Insinger, dass eine Firma in der Größenordnung wie die Anka-Draht von einer Person, die auch noch der Gründerfamilie entstammt, geführt wird, anstatt von angestellten Geschäftsführern oder Teilhabern. Das alleine sei schon eine Mammutaufgabe, die ihm aber nicht schwer falle, so Insinger. Neben der Anka-Draht und der KF-Insinger war sein Vater bei der Erlebnisholzkugel am Steinberger See beteiligt und trat als Vermieter von Immobilien für Handelsflächen in Regensburg in Erscheinung. Auch diese Aufgaben hat der Junior übernommen. Er habe die Herausforderung von Anfang an ernst genommen und empfinde es als eine Ehre, das Vermächtnis seines Vaters weiterzuführen. Die wöchentliche Currywurst bei der Erlebnisholzkugel, ein Ritual, das sein Vater pflegte, schaffe er noch nicht. Dennoch versuche er den Bezug zu den Projekten seines Vaters zu halten.
Als einen „Fulltime-Job“ für eine Person bezeichnet der Jungunternehmer sein Arbeitspensum. Jedoch habe es ihm über die schwere Zeit Anfang des Jahres geholfen. „Im Großen und Ganzen geht es mir gut. Dass die private Situation in einem Jahr nicht erledigt und aufgearbeitet ist, ist klar“, sagt der 29-Jährige. „Es ist zwar nur so eine Floskel, aber das Geschäft läuft weiter und auch das Privatleben geht weiter.“ Für dieses Jahr erwartet der Firmenchef wirtschaftlich keine großen Sprünge: „Ich denke, dass trotzdem der entscheidende Impuls, wie es weiter geht im Frühjahr, durch die vorgezogene Bundestagswahl definitiv beeinflusst wird. Wie sich die Wirtschaft danach erholt, lassen wir mal dahin gestellt.“ Dennoch gehe er davon aus, dass sich im zweiten Halbjahr zumindest wieder was „in die richtige Richtung“ bewege.
Arbeitsplätze erhalten als Ziel
Das Ziel momentan sei laut Insinger, dass man sehr auf Sicht manövriere. Jeder einzelne Arbeitsplatz soll gehalten werden. Er wolle „mit Sinn und Verstand die schwere Zeit mit extremen Umsatzeinbrüchen und einem Jahr Kurzarbeit“ überbrücken. „Ich kann kein Geld ausgeben, das ich nicht habe“, erklärt Insinger.
Schon seine Großeltern und sein Vater haben, wie er sagt, immer sinnvoll und vernünftig gewirtschaftet und trotzdem investiert. Dadurch stehe die Firma finanziell sehr gut da und befinde sich weit weg von einer Insolvenz. „Und wenn es mal wieder anzieht, denn der Moment wird kommen, dann steht man für die Kundschaft zur Verfügung und kann den Aufschwung mitnehmen“, zeigt sich Insinger optimistisch.
Einen Grundsatz, den der 29-Jährige von seinem Vater übernommen hat, ist, dass das wichtigste die Mitarbeiter seien: „Die Belegschaft verdient uns das Geld und nicht umgekehrt.“ Das vergangene Jahr habe ihm gezeigt, dass wenn man diese Grundsätze lebe, die Angestellten es einem zurückgeben würden. „Mitarbeiter sind das wertvollste Gut“, ist sich der Firmenchef sicher.
Auch behalte er die Tradition bei, dass Feste und Jubiläen so gefeiert werden, wie sie fallen würden. So auch das Geschäftsführerjubiläum. „Sicher war mein Vater dort auch ein Thema“, sagt der 29-Jährige. Man schaue trotzdem langsam aber sicher in die Zukunft, ohne seinen Vater zu vergessen. Und das werde bei Anka-Draht niemand, denn im Eingang des Hauptgebäudes ist Andreas Insinger sen. auf Bildern und einer Gedenktafel zu sehen.
Die Firmengeschichte
Beginn: 1971 gründeten Andreas und Kamilla Insinger aus Regensburg das Unternehmen Anka-Draht in Neunburg. Im September 1971 startete die Produktion von Kupferdrähten und Kupferlitzen mit zehn Beschäftigten. Die Produktionsstätte wurde über die Jahre erweitert.
Übernahme: 1986 trat Sohn Andreas Insinger als Geschäftsführer mit in das Unternehmen ein. Die Produktionsfläche betrug 1998 bereits 17 000 Quadratmeter und 180 Mitarbeiter waren beschäftigt. 2001 überließ der Gründer seinem Sohn die Firma. Vier Jahre später wurde die Tochterfirma KF-Insinger in Luhe-Wildenau gegründet.
In dritter Generation: Andreas Insinger jun. trat 2017 in dritter Generation in die Firma ein und wurde 2021 Teil der Geschäftsleitung. Seit dem Ableben seines Vaters am 18. Januar 2024 ist er der Inhaber.